Forenhaftung für Beiträge

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_Micha_
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Forenhaftung für Beiträge

Beitrag von _Micha_ » 01.03.2006, 19:14

http://www.heise.de/newsticker/meldung/70241
"Urteil zur Forenhaftung gegen Heise als Begründung für Maulkörbe

Wie von Rechtsexperten befürchtet, ziehen immer mehr Anwälte ein Urteil gegen den Heise Zeitschriften Verlag heran, um unliebsamen Webforenbetreibern einen Maulkorb zu verpassen. Anfang Dezember hatte das Hamburger Landgericht eine einstweilige Verfügung bestätigt, nach der heise online faktisch gezwungen wird, sämtliche Beiträge zu den Diskussionsforen im Vorhinein auf potenzielle Rechtsverstöße hin zu überprüfen.
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Vom Administrator des Support-Forums supernature-forum.de verlangt beispielsweise die Frankfurter Kanzlei Leonhardt Spänle&Schröder, verschiedene Beiträge zu entfernen, in denen eine Mandantin als "Betrügerfirma" bezeichnet wird. Eine nahezu gleichlautende Abmahnung erhielt von derselben Kanzlei auch der Betreiber von Cinefacts.de, weil sich Forenmitglieder kritisch zum Geschäftsgebaren des Deutschen Video-Rings geäußert hatten.

Angeblich habe ein Forenbetreiber laut dem Urteil gegen den Heise Zeitschriften Verlag "dafür Sorge zu tragen, dass eine Darstellung in der vorliegenden Art und Weise unterbleibt". Einer positiven Kenntnis der rechtswidrigen Beiträge bedürfe es "nach Auffassung des LG Hamburg nicht". Für diese per Abmahnung erteilte Rechtsbelehrung sollen die Forenbetreiber jeweils 1843 Euro an die Kanzlei bezahlen. Darüber hinaus sollen sie sich verpflichten, jeden Fall der Wiederholung einer bereits in den Foren getätigten oder "ähnlichen" Behauptung gegenüber den Unternehmen zu löschen und für jeden Fall der Zuwiderhandlung eine Vertragsstrafe in Höhe von 10.000 Euro zu zahlen.

Bemerkenswert an den Abmahnungen ist insbesondere die Tatsache, dass für das Urteil, auf das sich die Anwälte berufen, auch drei Monate nach der Verhandlung noch keine schriftliche Begründung vorliegt. Die Auffassung des LG Hamburg ist also im Detail bisher noch gar nicht bekannt. Überdies ist das Urteil noch nicht rechtskräftig und der Heise Zeitschriften Verlag hat bereits angekündigt, dagegen in Berufung zu gehen. Der Berliner Medienanwalt Thorsten Feldmann von der Kanzlei JBB hält Abmahnungsbegründungen dieser Art für fragwürdig: "Wenn man zur Untermauerung seines Standpunkts ein einzelnes Urteil eines Landgerichts heranzieht, für das zudem bisher noch nicht einmal eine Begründung vorliegt, sollte das den Abgemahnten aufhorchen lassen".

Das Verbraucherschutz-Forum Antispam.de erhielt jüngst eine Abmahnung des Justiziars eines Touristik-Anbieters. Dieser erkannte "unwahre Tatsachenbehauptungen" in Forenbeiträgen, die "dem gegenständlichen Unternehmen erheblichen Schaden wirtschaftlicher Art zufügen". Der Justiziar beruft sich ebenfalls auf das LG-Urteil gegen Heise und spricht von einer "gesteigerten Pflicht zur regelmäßigen inhaltlichen Kontrolle der einzustellenden Beiträge". Das bisher weder schriftlich begründete noch rechtskräftige Urteil im Verfügungsverfahren hält er für "gefestigte Rechtssprechung". (hob/c't) "
In diesem Sinne bitte alle etwas drauf achten, dass nicht geschützte Bilder hier gezeigt werden oder evtl. rechtlich bedenkliche Beiträge gepostet werden.
Zuletzt geändert von _Micha_ am 17.04.2006, 23:11, insgesamt 1-mal geändert.

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_Micha_
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Beitrag von _Micha_ » 17.04.2006, 23:11

http://www.heise.de/newsticker/meldung/72026

Nach mehr als vier Monaten hat das Landgericht Hamburg die schriftliche Begründung seines viel beachteten Urteils zur Forenhaftung (Az. 324 O 721/05) vom 2. Dezember 2005 vorgelegt. Demnach handelt es sich bei Webforen um eine "besonders gefährliche Einrichtung". Derjenige, der eine solche Gefahrenquelle betreibe, sei einer verschärften Haftung unterworfen.

Der bisherigen Rechtsprechung, wonach der Anbieter eines Forums erst ab Kenntnis eines rechtswidrigen Inhalts haftet und nicht zu einer aktiven Suche verpflichtet ist, folgten die Hamburger Richter nicht. Das Bereithalten von Internetforen stelle eine Form unternehmerischen Betriebs dar. Der Betreiber müsse sein Unternehmen so einrichten, dass er mit seinen sachlichen und personellen Ressourcen in der Lage sei, diesen Geschäftsbetrieb zu beherrschen. "Wenn die Zahl der Foren und die Zahl der Einträge so groß ist, dass die Antragsgegnerin nicht über genügend Personal oder genügend technische Mittel verfügt, um diese Einträge vor ihrer Freischaltung einer Prüfung auf ihre Rechtmäßigkeit zu unterziehen, dann muss sie entweder ihre Mittel vergrößern oder den Umfang ihres Betriebs [ ...] beschränken", so das Landgericht Hamburg.

Im vorliegenden Fall sahen das Unternehmen Universal Boards und dessen Geschäftsführer Mario Dolzer ihre Rechte verletzt. Einzelne Forenteilnehmer hatten im Forum zu einem Bericht von heise online über die Geschäftspraktiken von Universal Boards ein Skript veröffentlicht, das geeignet sein soll, den Betrieb von Download-Services dieses Unternehmens zu gefährden. Dessen Rechtsanwalt Bernhard Syndikus verlangte daraufhin per Abmahnung vom Verlag, es zu unterlassen, "an der Verbreitung von 'Leserkommentaren' mitzuwirken, in denen wörtlich oder sinngemäß dazu aufgerufen wird, Dateien, insbesondere das Programm 'k.exe', so oft wie möglich von den Servern meiner Mandantschaft downzuloaden, um die Server meiner Mandanten 'in die Knie zu zwingen'".

Der Verlag löschte umgehend die genannten Forenbeiträge, gab aber die geforderte Verpflichtungserklärung nicht ab, da er seiner Auffassung nach nur bei Kenntnis der potenziell rechtswidrigen Beiträge handeln muss. Obwohl nach der Löschung kein weiterer Beitrag mit einem entsprechenden Aufruf folgte, erwirkte die Universal Boards eine der Unterlassungsaufforderung entsprechende einstweilige Verfügung am Landgericht Hamburg. Den Widerspruch des Verlags gegen diese Verfügung wies das Gericht ab.

Die Kammer sieht den Verlag als so genannten "Störer", weil er über sein Forum die unzulässigen Blockadeaufrufe verbreitet habe. Schließlich sei er in der Lage, die Aufrufe zu unterbinden, indem "die Einträge vor ihrer Freischaltung auf die rechtliche Zulässigkeit ihres jeweiligen Inhalts überprüft werden." Dem Argument des Heise Zeitschriften Verlags, dass eine laufende Kontrolle der Inhalte angesichts von mehr als 200.000 Beiträgen pro Monat nicht zu leisten und damit unzumutbar sei, erteilte das Gericht eine klare Absage.

Nur vage äußerte sich die Kammer zur Frage, ob sich ihre Sichtweise auf jedes Webforum oder nur auf Dienste von Presseorganen bezieht. Sie spricht von derjenigen "Person, die Einrichtungen unterhält, über die Inhalte in pressemäßiger Weise verbreitet werden". Dies gelte "auch für Unternehmen, die Inhalte über das Internet verbreiten." Der Heise Zeitschriften Verlag verbreite in seinem Webforum Äußerungen von Nutzern "pressemäßig". Dies dürfte folglich auf jedes Internet-Forum zutreffen, eine weitere Differenzierung nehmen die Richter zumindest nicht vor.

Sogar bevor die schriftliche Begründung des Urteils vorlag, hatten Rechtsanwälte bereits unter Berufung darauf mißliebige Forenbetreiber kostenpflichtig abgemahnt. Derlei Fälle dürften sich nun häufen. Der Heise Zeitschriften Verlag wird gegen das Urteil Rechtsmittel einlegen. "Eine Vorabkontrolle von Nutzerbeiträgen würde das Ende der gewachsenen Forenkultur in Deutschland bedeuten", kommentierte Verlagsjustiziar Joerg Heidrich: "Unserer Ansicht nach handelt es sich um ein grobes Fehlurteil. Es hätte gravierende Folgen für alle Betreiber von Foren, wenn die Entscheidung Bestand haben sollte."
Das kommt davon, wenn die unwissende Leute weitreichende Entscheidungen treffen dürfen.

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Beitrag von robertsmith » 18.04.2006, 09:51

ja, entweder wird die Foren-Landschaft verarmen, oder Deutschland hat einen Weg aus der Arbeitslosigkeit gefunden:
Werdet Abmahnanwalt!
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(\__/)
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Beitrag von Mr.C » 19.04.2006, 10:35

Die spinnen, die Anwälte!

Uuups, hätte ich das jetzt nicht sagen dürfen??? :twisted:

Mir scheint, hierzulande fangen Rechtsverdreher und Richter langsam an genauso freizudrehen wie inden Staaten! Wie steht es denn mit dem verfassungsmässig garantierten Recht der freien Meinungsäusserung??? Ist der zu erwartende wirtschaftliche Schaden eines Unternehmens aufgrund eines Forumsbeitrages (den vielleicht 0,1% der Bevölkerung lesen und dem davon vielleicht 10% folgen???) denn tatsächlich höher zu bewerten als die unantastbare Freiheit des einzelnen, seine Meinung zu jedem und allem, was ihm einfällt zu äussern (natürlich mit Ausnahme solcher Dinge, die die gleichermaßen verfassungsmäßigen Rechte anderer verletzen oder mit Füssen treten!)???
Mannomann, wohin driften wir hier bloß ab?

Man stelle sich nur mal den Aufwand vor, den Kanzleien und Unternehmen betreiben, um solche Beiträge ausfindig zumachen!!!

Menschen sind echt nur zum Kotzen! GELD!!! GELD!!! GELD!!! Wenn's darum geht, in seinem Bemühen, auf Teufel komm raus und unter allen Umständen mit Gewalt auf Kosten anderer schnellst möglich reich zu werden und seine überwiegend schon reichen Mehrheitsaktionärssäcke glücklich zu machen, behindert zu werden, tritt jede Form von Menschlichkeit den Gang über den Jordan an!

Und jetzt sage ich etwas, das jeder Verfassung und jedem Grundgesetz der Welt zuwider läuft: Wenn ich meinen Blick auf diese Welt richte, dann hoffe ich eigentlich wirklich nur noch, dass endlich irgendeine Seuche/globale Katstrophe/ kriegerische Auseinandersetzung dem Treiben der abartigsten Kreatur auf diesem Planeten ein Ende bereitet!

Treffen sich zwei Planeten. Einer ist sichtbar krank. Fragt ihn der andere: "Was hast Du denn?" Der Kranke, leidend: "Ich hab Homo sapiens!" Darauf der andere grinsend: "Macht nix, das geht vorbei!"

In diesem Sinne,

C., zum Aussterben bereit...
--
All that is necessary for the triumph of evil is that good men do nothing.
Edmund Burke

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Beitrag von robertsmith » 19.04.2006, 10:51

nur denk dran: Du bist selber Mensch!
Hast du denn gar keinen Lebenswillen?
;)

Aber es bestätigt mich in meiner Ansicht: früher war alles besser :D
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Beitrag von Mr.C » 19.04.2006, 11:18

Ich bin auch zum kotzen! Sagt jedenfalls meine Frau immer...
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